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Beseelter Maulbeerkeim [1]
18|03|2013



Für das neue Klinikum tut man einfach alles. Neben der geplanten und umstrittenen Integration der katholischen Ethik baut man an einer typischen Wilhelmshavener Metapher: Sanieren, um es hinterher wieder abzureissen!?

Neulich hörte ich eine Erörterung über das geplante neue kommunale Krankenhaus „Klinikum Wilhelmshaven“ und über die Forderung des mit ca. 20 % beteiligten St. Willehad e.V., dass im neuen Klinikum keine Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden dürften. Dieser Forderung entspräche, wie es hieß, die katholische Identität des menschlichen Lebens, das beginne, sobald Ei- und Samenzelle miteinander verschmolzen seien.

Unter Pabst Sixtus V. [1588] waren Empfängnisverhütung und Abtreibung Todsünden, weil die Befruchtung mit „Beseelung“ gleichgesetzt wurde. Im Zuge der Aufklärung verdrängt, wurde die Beseelungstheorie von Pabst Pius IX. 1869 wieder aufgenommen und gilt immer noch [2].

Dieser Lehre folgend, hätte es während der auf knapp vier Milliarden Jahre geschätzten außermenschlichen Lebensgeschichte kein beseeltes Leben gegeben. Leben wäre nicht beseelt, das sich in die kleinsten, höchsten, tiefsten, kältesten und heißesten Räume der Erde einnischt, und schon mal gar nicht das Leben, von dem Ringelnatz schrieb:
„Überall ist Wunderland, überall ist Leben, bei meiner Tante im Strumpfenband und irgendwo daneben.“

Nicht beseelt wäre das von Gott als wohlgefällig angesehene Leben, das er am zweiten, dritten, vierten und fünften Tag schuf:
„Am zweiten Tag schuf Gott den Himmel, am dritten hob er das Land aus dem Wasser empor und ließ darauf alle Arten von Pflanzen wachsen. Am vierten Tag schuf er die Sonne, den Mond und die Sterne. Am fünften Tag schuf er die Fische und Tiere des Wassers und die Vögel, die am Himmel fliegen. Gott sprach: Die Erde bringe lebende Wesen hervor: Vieh, kriechende und wilde Tiere…“ [3].

Schlussfolgernd richte sich der Schutz gemäß katholischer Identität nur auf menschliches ungeborenes Leben, da nur dieses beseelt sei, nicht aber auf alle anderen Mitgeschöpfe Gottes [und das beim Anspruch der katholischen Kirche, Gottes Stellvertreter auf Erden zu sein!]. Zum Glück gibt es aber auch andere Meinungen, zum Beispiel im Buch Hiob, Kapitel 12, Vers 7-10:
„Frag doch das Vieh, das wird’s dich lehren. Und die Vögel unter dem Himmel, die werden dir’s sagen. Oder rede mit der Erde, die wird dich’s lehren, und die Fische im Meer werden dir’s erzählen: Wer erkennt nicht an alledem, dass des Herrn Hand solches gemacht hat, dass in seiner Hand ist die Seele alles dessen, was da lebt, und der Geist allen Fleisches des Menschen.“

Dieses Zitat fand ich in einer Predigt [4] zur Frage, ob auch Tiere eine Seele hätten. Darin wird auch auf Franz von Assisi hingewiesen, der dem neuen Pabst nicht nur seinen Namen gab, sondern auch „in der außermenschlichen Kreatur das geschwisterliche Mitgeschöpf“ sah.

Besonders wichtig aber finde ich den Hinweis auf Konsequenzen, die aus der Lehrmeinung, Tiere hätten keine Seele, entstehen können. Im Predigttext heißt es, Tiere dürften offenbar keine Seele haben, „damit sie entwertet und entrechtet werden können und Menschen keine Schuld zu fühlen brauchen, wenn sie sie umbringen. Es hat ja auch Zeiten gegeben, wo man Sklaven und sogar Frauen die Seele absprach, um sie umso besser unterjochen zu können.“ Ähnliche Gedanken wurden in einer Internetbefragung geäußert:
„Die von der katholischen Kirche vertretene Ansicht, dass Tiere keine Seele hätten, begünstigt die Haltung, Tiere gewissenlos quälen zu dürfen; ganz zu schweigen von den Diskriminierungen Andersdenkender, Homosexueller und nicht zuletzt auch Frauen .Soll diese Religion wirklich befreiend sein? [5].

Mit einem kleinen Exkurs über Aristoteles möchte ich noch einmal zurückkehren zum „beseelten Maulbeerkeim“ [Fußnote 1].
Aristoteles verstand Seele in ganzheitlicher Betrachtung als das Lebensprinzip aller Lebewesen. Pflanzen, Tiere oder Menschen verfügten alle  über eine grundlegende ‚vegetative Seele’, identisch  mit den grundlegenden Lebensfunktionen Ernährung, Stoffwechsel, Wachstum, Fortpflanzung. Tiere und Menschen verfügten darüber hinaus über Fortbewegung, Sinneswahrnehmungen und ein Gefühlsleben mit der Fähigkeit, zwischen Angenehmem und Unangenehmem unterscheiden zu können [empfindender Teil], Menschen schließlich noch über den denkenden Teil [Geistseele] [6].

Im Sinne Aristoteles liefert die vegetative Seele dem Maulbeerkeim und allen späteren Stadien die notwendigen genetischen und zellulären Funktionen. In späteren Stadien der embryonalen Entwicklung kommen weitere Fähigkeiten zur Ausbildung, wie Wahrnehmung, Bewegung etc. Die gesetzliche Befristung von Schwangerschaftsabbrüchen folgt der Erkenntnis der stufenweisen Entwicklung. Bereits in der frühesten Phase den Menschen im Sinne des Grundgesetzes zu verstehen, scheint mir aber reichlich ignorant gegenüber der Realität.

Sollte es tatsächlich so kommen, dass Frauen, die stationär einen legalen Schwangerschaftsabbruch benötigen, von Wilhelmshavens kommunalem Krankenhaus zukünftig abgelehnt werden mit der Begründung, ihr frühes Schwangerschaftsstadium sei bereits ein Mensch des Grundgesetzes und damit unantastbar? So unglaublich das klingt, ist es offensichtlich bereits beschlossene Sache der Kommune, sich der unreflektierten, allen Erkenntnissen gegenüber intoleranten katholischen Lehrmeinung zu beugen.

Man mag denken, dass meine oben geäußerte Meinung bekunde, dass ich die heute technisch möglichen Eingriffe in die Embryogenese eines Lebewesens, z.B. zur Fremdnutzung von Keimen, gutheißen würde [das wäre eine Unterstellung und nicht wahr]. Hier geht es mir um Abtreibung, der sich keine Frau leichtfertig unterwirft. Allen Moralisten wünsche ich endlich einmal die Lebensnähe, die zum Begreifen notwendig ist, dass Frauen in der Abtreibung den letzten Ausweg aus einem massiven Konflikt sehen, von dem sie sich psychisch und körperlich derart bedroht fühlen, dass sie keinen anderen Lösungsweg mehr sehen. Den bei der eingangs erwähnten Erörterung anwesenden Damen aus Beratungseinrichtungen sei Dank, dass sie mir mit ihren nicht nur kompetenten, sondern auch mitfühlenden Darlegungen den Glauben an aktive Nächstenhilfe wiedergaben, der mir bei der Beschäftigung mit dem katholischen Dogma und dessen Beseelungslehre verloren ging. Das Dogma predigt Ausgrenzung, wo Toleranz notwendig wäre.

Mir sandten Freunde das folgende Gedicht, das gut zu unserer gegenwärtigen Situation passt:
„Ich möcht in dieser Zeit nicht Herrgott sein und wohlbehütet hinter Wolken thronen,
allwissend, dass die Bomben und Kanonen den roten Tod auf meine Söhne spein.
Wie peinlich, einem Engelchor zu lauschen, da Kinderweinen durch die Lande gellt.
Weißgott, ich möcht um alles in der Welt
nicht mit dem lieben Gott im Himmel tauschen.
Mir scheint, ein solcher Riesenapparat von Finsternis und Feuerwerk verpflichtet.
Hat Er damit ein Wunder wohl verrichtet, wie seinerzeit Er's in Ägypten tat?
Lobet den Herrn, der schweigt! In solcher Zeit- vergib, o Hirt, - ist Schweigen ein Verbrechen.
Doch wie es scheint, ist seine Heiligkeit
auch für das fromme Lämmlein nicht zu sprechen.
Herr Zebaoth spaziert im Wolkenhain und schert sich einen Blitz, wie ich das finde.
Ich möcht in dieser Zeit nicht Herrgott sein.
Wie aber sag ich solches meinem Kinde?“
Mascha Kaleko, Verse für Zeitgenossen [7]

Dr. Gisela Gerdes

[1] In der frühen Embryogenese ist bei mehrzelligen Lebewesen, z.B. dem Menschen, nach etwa vier Tagen ein kugeliger Zellhaufen entstanden, der als Maulbeerkeim oder Morula bezeichnet wird.
[2] Katechismus der Katholischen Kirche Nr. 366: „Die Kirche lehrt, dass jede Geistseele unmittelbar von Gott geschaffen ist“.
[3] Mythen und Evolution. Handreichungen für Lehrer, Universum Bremen
[4] Harald Zagar, 05.09.1993, predigten.de
[5] http://de.answers.yahoo.com/question/ind…
[6] Bleecken, S. in Tabularasa No. 28, 2007.
[7] , rororo 14659


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