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Kranzniederlegung am ehemaligen Konzentrationslager in Wilhelmshaven 31|03|2012
Hier haben wir haben Ihnen ein paar Bilder von den Kranzniederlegungen zusammengestellt.
Rede von Fritz Langen am 31. März 2012 anlässlich der Kranzniederlegungen an der Konzentrationslager-Gedenkstätte Alter Banter Weg in Wilhelmshaven sowie der Gedenkstätte des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers „Schwarzer Weg“ [jetzt Mühlenweg 4].
Es gilt das gesprochene Wort Sehr geehrte Damen und Herren, im Namen der Stadt Wilhelmshaven begrüße ich besonders Sie, meine Damen und Herren aus den Niederlanden, die Sie zum Gedenken an Ihre hier in Lagern umgekommenen Angehörigen und als ehemalige Häftlinge die Orte einer schrecklichen Vergangenheit aufsuchen. Im Gedenken an das Schicksal der Toten und Überlebenden jährt sich heute zum 23. Mal Ihr Besuch in Wilhelmshaven.
Auch möchte ich Ihnen die Grüße unseres ortsabwesenden Oberbürgermeisters Andreas Wagner übermitteln.
Erinnerung verbindet – auch schreckliche Erinnerung.
Die sich jährlich wiederholenden Besuche von Niederländern in Wilhelmshaven - ehemalige Häftlinge und Angehörige von Ermordeten, die hier im Zweiten Weltkrieg im Außenlager des KZ umgebracht wurden - hat durch die Erinnerung dazu beigetragen, dass sich Niederländer und Deutsche nähergekommen sind.
Dabei hat das furchtbare Geschehen zur Zeit des Nationalsozialismus zunächst eine scharfe Trennung zwischen beiden Völkern bewirkt. Die Ressentiments gegen Deutschland und die Deutschen war zu verstehen, waren doch die Niederlande 1940 von der deutschen Wehrmacht überfallen worden mit der Folge vieler Kriegstoten, mit der verheerenden Bombardierung Rotterdams. Doch auch nach der Kapitulation der niederländischen Streitkräfte gegen die deutsche Übermacht setzte sich der Terror fort mit der Brutalität des Besatzungsregimes, mit Verfolgungen und Verschleppungen. Ziele dieser Deportationen waren Lager in Deutschland, wo grausame Arbeitseinsätze und bewusste Tötungsmaßnahmen die Opfer zu Grunde richteten. Doch auch die qualvoll Überlebenden wurden für das Weiterleben physisch und psychisch beschädigt. Ein Ziel dieser Wege in die Vernichtung waren auch die Lager in Wilhelmshaven.
Angesichts dieser im deutschen Namen gegangenen Verbrechen schien daher eine Rückkehr zu normalen Beziehungen zwischen unseren Nachbarvölkern belastet und verbaut. An diesem Geschehen Beteiligte, aber auch Unbeteiligte versuchten im Verdrängen und Vergessen das Gras über diese Vergangenheit wachsen zu lassen – auch an den Orten der Verbrechen sollte nichts mehr an dieses dunkle Kapitel erinnern. Doch mit dieser die Opfer missachtenden und erneut verletzenden Ignoranz wurde nicht der kleinste Schritt zu einer Entspannung der belasteten Nachbarschaft getan.
Dagegen ist es denen zu danken, welche die Erinnerung wachgehalten haben, dass sich ein entspanntes Verhältnis entwickeln konnte. Persönliche Begegnungen zwischen Niederländern und Deutschen sind es gewesen, welche die Basis geschaffen haben, zueinander zu finden. Denn betroffen sind beide Nationen – die Opfer und ihre Angehörigen erhalten zu recht eine kollektive Solidarität in den Niederlanden, und für Deutschland gibt es, ohne die an dem furchtbaren Geschehen Unbeteiligten kollektiv schuldig zu sprechen, doch eine kollektive Verantwortung, die aus der Geschichte resultiert.
Es gibt eine Generationen übergreifende Verantwortung. Das, was geschehen ist, geht nicht nur die Deutschen aus der Zeit vor 1945 an, sondern enthält eine Botschaft auch für nachfolgende Generationen. Wir werden von anderen nicht verstanden, wenn wir nicht die Geschichte kennen mit ihren Konsequenzen und auch mit den Lehren, die wir daraus ziehen müssen.
Leider ist die menschenverachtende Ideologie des Faschismus und Nazismus nicht vollständig gebannt. So unbegreiflich es erscheint – immer noch gibt es Auswüchse von Terror und Rassenwahn. Denken Sie an die Anschläge der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle oder jüngst an die Morde des antisemitischen Hass-Killers von Toulouse.
Gerade deshalb ist es so wichtig, das zu bewahren, was die Untaten bezeugt und uns zur Mahnung geworden ist. Das sind in Wilhelmshaven Bereiche, wo die Lager standen: am Alten Banter Weg und am Schwarzen Weg in Heppens.
Die Erinnerung wachgehalten haben die ehemalige Häftlinge der Lager, die aus verschiedenen, von NS-Deutschland besetzten Ländern hier vegetieren mussten und später den Mut hatten, mit dem Aufsuchen dieser Orte der schrecklichen Vergangenheit im Nachhinein nochmals zu begegnen. Wachgehalten haben es auch die Angehörigen der hier Ermordeten, für welche es immer Erinnerungsstätte bleiben wird. Sie, meine Damen und Herren aus den Niederlanden, sind sich dieses schweren Erbes bewusst und deshalb hierher gekommen.
Unter uns sind aber auch Deutsche, welche sich für das Wachhalten dieser Vergangenheit verantwortlich fühlen und dokumentiert haben, wo sich das sogen. Lagerleben abspielte. Barackenfundamente sind freigelegt worden, Gedenktafeln sind aufgestellt worden. Es ist eine Trauerarbeit, die Sie mit Ihren Besuchen bei uns an diesen todbringenden Stätten leisten, bei der wir Sie soweit es möglich ist mit unserer aktiven Anteilnahme begleitet haben und weiter unterstützen wollen. Die gemeinsam hier erlebte Erinnerung muss uns Verpflichtung sein, sensibel auch für aktuellen Gefahren des Neonazismus zu bleiben und mutig schon die geringsten faschistoiden Regungen im Keime zu ersticken durch Aufklärung ebenso wie durch sicht- und hörbare Abwehr.
So verbindet Niederländer und Deutsche eine schreckliche Erinnerung. Indem wir uns gemeinsam der Vergangenheit zuwenden, haben wir uns näher kennengelernt und Achtung füreinander gefunden. Ja, die Besuche haben auch dazu beigetragen, dass Freundschaften entstanden sind. Im Gedenken an die Toten soll nichts vergessen werden, aber eine Versöhnung vor ihren Grabstätten ist die würdigste Geste, die wir den Ermordeten erweisen können. Wilhelmshaven will verantwortungsvoll am Schicksal der Niederländer Anteil nehmen, das zu unserer Geschichte gehört. Gerade deshalb wünschen wir für uns und für unsere nachfolgenden Generationen, dass wir als Nachbarn einander verstehen und in einer guten Zukunft friedvoll zusammenleben.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Links:
Gedenkstättenförderung Niedersachsen
Interessengemeinschaft niedersächsischer Gedenkstätten und Initiativen zur Erinnerung an die NS-Verbrechen
Netzwerk gegen Rechts
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