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Brot und Spiele 12|10|2012
Auch hier freut man sich geradezu über antiquiertes Wirtschaftsdenken.
Beim Begriff "Arbeitsplätze" brechen wieder einmal alle Dämme und wenn das lokale Heimatblatt dann noch titelt "Bauantrag für riesige Fabrik", dann knallen auch die letzten Sicherungen durch.
Da wird vor den Toren eine Lebensmittefabrik gebaut und die Politprominenz, sowie das wirtschaftsorientierte lokale Heimatblatt feiern schon wieder vor der Grundsteinlegung einen Riesenerfolg.
400 Arbeitsplätze sollen geschaffen werden und das in einer strukturschwachen Region - von Verdrängungswettbewerb im Lokalkolorit bei lauter Superlativen keine Spur. Hier ´mal kurz einige Eckdaten zur Recherchevertiefung vom NDR: Zitat: " ... Ab Mitte 2015 sollen Pizza, Pasta, Backwaren und Tiefkühlkost, insgesamt 40 verschiedene Produkte, vom Band laufen. Die 400 Arbeiter werden rund 1.000 Tonnen Lebensmittel am Tag für 100.000 Menschen im Ruhrgebiet, in Hamburg, den Niederlanden und Belgien produzieren. ... "[Quelle: ndr.de | Malteser bauen Pizza-Fabrik für 400 Millionen] Bornholm ist ebenfalls struckturschwach und weil es dort keine Skipiste gibt, baute man sich eine, hochsubventioniert mit Pistenraupe und Lift. Weil es dort nur gelegentlich schneit, holte man sich eine Schneekanone dazu, denn das macht Sinn und rundet das Angebot ab - without snow no fun! Die scheinen dort ähnlich irrsinnig zu sein, wie in Wilhelmshaven oder aber sie wollten offensiv zeigen, wie einfach es ist, EU-Geld zu verbrennen.
Hier in Wilhelmshaven ist man auch keinen Schritt weiter. Man feiert die ewig gleichen Industrieansiedlungskonzepte, je größer, desto besser und wundert sich, dass die Ansiedler nach etwa 10 Jahren immer wieder andere Ideen zusammenspinnen, die den Gesetzen der Globalisierung folgen, um ihren Gewinn zu maximieren. Sie verlassen dann oft das Ländle und wandern in andere Regionen ab, weil sich sogar ein Neubau eher lohnt, als dort zu bleiben, wo man gerade ist - die EU machts möglich.
Müller Milch hat es vorgemacht und zog in den Osten der Republik, weil es dort für einen Neubau Subventionen gab. Schön für die dortige strukturschwache Region, weniger für den ehemaligen Standort.
Wenn große Unternehmen kommen, gibt es auch ein paar unangenehme Nebeneffekte, denn die ortsansässigen Bäckereien werden größtenteils wohl kaum mit den Supermarktpreisen konkurrieren können. So verschwindet auch ein Stück Kultur. Die Bürger werden dann nicht mehr ihre Geheimtipps weitersagen können, wo die Brötchen am besten schmecken und der morgendliche Geruch aus den Backstuben verschwindet ebenfalls - hauptsache billig?
Vergangenen Montag lief so ein Film mit dem Titel "Die Spur der Teiglinge – Billige Brötchen":Zitat: " ... Susanne und Peter Müller aus Karlsruhe schließen ihre Bäckerei. Jahrelang hatte das Ehepaar täglich 13 Stunden geschuftet. Jetzt geben sie auf. Der Familienbetrieb weicht dem Druck der Billigkonkurrenten.... Wie den Müllers erging es im vergangen Jahr 1.300 Bäckereien und Backbetrieben. Das traditionelle Handwerk, wie es über viele Generationen von Bäckern in Deutschland betrieben wurde, scheint am Ende. ... "[Quelle: die story] Da in Deutschland flächendeckend dafür gesorgt wurde, das die Löhne sinken, scheint es unausweichlich, sich den Gesetzen der Globalisierung zu unterwerfen, tönt es vielfach aus den Reihen der PolitikerInnen.
Fragt sich nur, was wir in Zukunft noch essen werden und ob wir das auch wollen:Zitat: " ... Die Branche lässt sich ungern in die Karten schauen. Moderne Backwaren sind zunehmend auch High-Tech-Produkte der Lebensmitteltechnik. Um den komplexen Anforderungen industrieller Massenproduktion zu genügen, muss die Branche zu raffinierten Tricks und Techniken greifen. ... "[Quelle: die story]Was hinter den hochsubventionierten Ansiedlungsprojekten noch steckt, erfährt der Normalbürger höchst selten und meistens erst hinterher, wie z. B. bei Müller Milch: Zitat: " ... Wir erleben nichts anderes als die Subventionierung des Verdrängungswettbewerbs", sagt Hubert Weiger, Agrarsprecher des Bund in Berlin. Im Fall Müller Milch meint diese Äußerung Zweckentfremdung von Staatsgeldern. Kleinere Betriebe dürfen davon nicht in Gefahr geraten. Die Organisation kritisiert, dass die Europäische Union den Ausbau des Sachsenmilch-Werks in Leppersdorf (Sachsen) zum modernsten Milchwerk Europas durch die Müller Milch-Gruppe gefördert habe. ...... Zwar seien im strukturarmen Sachsen 148 neue Arbeitsplätze geschaffen worden, doch ist das nur die halbe Wahrheit von Müller Milch. Fast gleichzeitig seien nämlich zwei Werke in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen geschlossen worden ... [Anm. d. red.: 165 Beschäftigte]. Nach Angaben des Bundes flossen rund 31 Millionen Euro Beihilfe aus einem Fonds für ländliche Entwicklung sowie 40 Millionen Euro aus einer EU-Investitionsbeihilfe für den Freistaat Sachsen an den Konzern Müller Milch. ... "[Quelle: stern.de]Von Facebook erreichte uns folgende Nachricht:Zitat: " ... Keine Hintergrundinformationen, (Wer steckt hinter der "Industrial Group Food Production Ltd" oder dem Marcellus-Trust, kein Hinweis auf mögliche Auswirkungen auf andere Arbeitsplätze etc.)Im Bereich der möglichen 400 Arbeitsplätze, davon 350 Leiharbeiter, schlecht bezahlt. Subventionen auch möglich. Zerstörung anderer Arbeitsplätze und Handwerksbetriebe, sehr wahrscheinlich. Steuern? Eher unwahrscheinlich. Ist das die Gesellschaft die wir wollen? Pizza und Pasta mache ich selbst! Brot und Brötchen kauf ich beim Bäcker meines Vertrauens, ich hoffe das wird nicht mißbraucht. ... " Seltsam, da machen sich Menschen Sorgen - ganz anders, als im lokalen Heimatblatt oder bei der kommunalen Politprominenz.
Der Marcellus-Trust ist nichts anderes, als ein Hedgefonds mit Sitz in Malta. Die ziehen bekanntlich rund um den Globus und suchen den günstigsten Standort, um ihre Gewinne zu maximieren und damit die Attraktivität für eventuelle Aktionäre zu steigern. Den Regionen bleiben maximal ein paar Peanuts wie Gewerbesteuern und die Arbeitsplätze mit einer ungewissen Zukunft. Das wird dann vorab schon ´mal großartig gefeiert und nachhaltige Konzepte bleiben dabei oftmals auf der Strecke. Hedgefonds sind nichts anderes, als diese ganz speziellen Investmentfonds mit hohen Renditeversprechen, entsprechend hohem Verlustrisiko und viel Spekulation.
Sven Ambrosi, Landrat von Friesland, meinte am 11.01.2012 in einem Artikel auf dem NDR-Portal:Zitat: " ... Frieslands Landrat Sven Ambrosy (SPD) muss zugeben: Marcellus-Trust malta hatte er vorher auch noch nicht gehört. Vorsichtshalber ließ er den Namen erst mal durch Internet-Suchmaschinen laufen. Der Großinvestor sei aber seriös, ist sich Ambrosy nach seiner Recherche sicher. ... "[Quelle: ndr.de | Malteser bauen Pizza-Fabrik für 400 Millionen] Seltsam, dass man im Internet ganz schön suchen muss, bevor man überhaupt ein paar Informationen bekommt und um es nochmal zu wiederholen: " ... dass er vor dem Ansiedlungswillen noch nie etwas von dem Marcellus-Trust gehört hatte ... " - aber wenn ein Landrat das sagt, dann wird das schon stimmen!
Politiker halten selten was sie versprechen und noch seltener sind Eingeständnisse, dass man das Wirtschaftsdenken grundsätzlich verändern muss, bevor man immer wieder von Krisen überrollt wird, so wie 2008, diese Krise, die aus dem Nichts kam?
Viele Wirtschaftsfachleute wittern schon den unvermeidlichen "großen wirtschaftlichen Knall", wenn die Finanzbranche nicht endlich sanktioniert wird. Durch das zögerliche Verhalten der Politik wird der nötige Wandel nur herausgezögert. Auch im politischen Bewusstsein kreisen die Gedanken nur um das Wort Geld, dieser selbsternannten Elite, rekrutiert aus den Kreisen von Verbindungen, Burschenschaften, Bilderbergern oder Vereinen wie der Atlantik-Brücke e. V., die vorausbestimmen, wie die Welt sich zukünftig drehen soll.

Wolf-Dietrich Hufenbach
Dokumentarfilmer | Wilhelmshaven
Links:
12|10|2012: Traditionelles Bäckerhandwerk: Nachts wach
VIDEO: Die Spur der Teiglinge – Billige Brötchen
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