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Obergürgermeister gegen Kottek
21|11|2008



Der Oberbürgermeister von Wilhelmshaven, Eberhard Menzel, zeichnet sich besonders durch seine ganz eigene Sicht der Dinge aus, so auch seine ganz eigene Sicht vom Umgang mit der Wahrheit, Demokratie, Bürgern und der Verwaltung.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
 
die Diskussion um die Veränderung des Verwaltungsvorstandes der Stadt Wilhelmshaven wurde bislang ausschließlich ohne die BASU geführt. Ich bedaure sehr, dass eine sachliche Erörterung dieses Themas bisher nicht stattgefunden hat, und Sie das Gespräch nie gesucht haben.

Ihrem am 1. Oktober gemachten Vorschlag, der nach Ihren Angaben der politischen Willensbildung entsprochen hätte, gleichzeitig aber mit der Zusammenlegung der Eigenbetriebe WEB und SGW ein erhebliches Einsparpotenzial gesichert hätte, konnte in der Ratssitzung am 8. Oktober von keiner Fraktion angenommen werden, da eine Zusammenlegung von WEB und SGW im Zusammenhang mit der wohl von allen Beteiligten gewollten Umstrukturierung/Reduzierung der Eigenbetriebe und Gesellschaften zu sehen ist. Von daher war in Ermangelung der Fakten über die Möglichkeiten zur Gesamtumstrukturierung diese Einzelmaßnahme nicht beschlussfähig.
 
Deshalb möchte ich Ihnen auf diesem Wege einige wesentliche Fakten an die Hand geben.
 
Keine vergleichbare Stadt hat ein derartiges Geflecht von Eigenbetrieben, Gesellschaften und Beteiligungen, wie die Stadt Wilhelmshaven, welches selbst von Sachverständigen nicht Durchschaubar ist und war. Wen wundert es da, wenn wir mit 5 Dezernaten auch hier an der Spitze liegen.
Auch wir sind der Meinung, dass eine Redzuzierung  / Verschlankung der Verwaltung längst überfällig ist. Aber auch diese Maßnahme ist nicht ohne die Betrachtung des Ganzen, also im Zusammenhang mit der zukünftigen Gesellschafterstruktur zu sehen.

Gerade Sie haben in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass die diversen Großinvestitionen Einsparungen im Personalbereich des Dezernates III nicht akzeptabel sind, da diese Investoren auf die kurzfristige und fachliche Hilfe der Mitarbeiter angewiesen sind.
Sicherlich hat sie diesbezüglich ihre Meinung nicht geändert, so dass wir davon ausgehen müssen, dass dieses Problem immer noch besteht. Zudem ist offensichtlich, dass gerade Herr Kottek mehr als genügend Aufgaben abzuarbeiten hat, da auch Sie ihm schon häufiger einige dieser Aufgaben abgenommen haben.

Auch die BASU ist der Meinung, dass eine Verschlankung der Verwaltung im Bereich der „Häuptlinge“ nötig ist. Dafür wird es in den nächsten Jahren sicherlich auch umsetzbare Möglichkeiten geben, die aber nicht zwingend im Dezernat III zu suchen sind. Hier sind auch andere, vielleicht sogar effektivere Möglichkeiten vorstellbar. Aber auch hier der Hinweis darauf, dass dies auch von der zukünftigen Struktur des Gesamtkonzerns Stadt abhängt.

Seit langem gilt, dass wir beim Freiwerden einer jeden Planstelle eine Betrachtung darüber anstellen, ob die Besetzung dieser Stelle entbehrlich ist, ob möglicherweise die hier durchzuführende Arbeit auf andere Planstellen verteilt werden kann, oder ob sie, intern oder neu besetzt werden muss. Leider ist der BASU auch hier niemals klar geworden, nach welchen Kriterien die Entscheidung in der Verwaltung getroffen wird, was häufig dazu führte, dass Stellenneubesetzungen oder –streichungen bei der politischen Beschlussfassung nicht ohne Kritik abgelaufen sind.
 
Sie haben Recht damit, dass diese Kriterien nicht nur für die „Indianer“, sondern auch für die „Häuptlinge“ gelten müssen und sich die Landschaft in der Verwaltung in den letzten Jahren erheblich verändert hat. Viele Bereiche wurden tatsächlich ausgegliedert. Das betrifft dann aber auch andere Dezernate, unter Anderem auch ihren Zuständigkeitsbereich.
 
Das viele Kernverwaltungsaufgaben verlagert wurden, führte jedoch nur sehr selten dazu, dass in den entsprechenden Dezernaten auch eine entsprechende Personalreduzierung durchgeführt wurde. Zudem hätte es da, wo wir für solche Aufgaben sogar Geschäftführer eingesetzt haben, auch die Möglichkeit gegeben, die Geschäftsführung so lange von einem Dezernenten übernehmen zu lassen, bis es tatsächlich Personalabbau gegeben hat.

Nach unserer Überzeugung müssen gravierende Veränderung auch Auswirkungen auf die Spitze der Verwaltung haben – aber nicht, indem man den ersten Dezernenten einspart, der zufällig gerade zur Neubesetzung ansteht, oder dessen Vertrag zufällig ausläuft. Mit dieser Philosophie haben die meisten öffentlichen Arbeitgeber große Teile des öffentlichen Dienstes an den Rand der Handlungsfähigkeit abgewirtschaftet und schlussendlich erhebliche Mehrkosten erzeugt, da für die Aufgabenerledigung nicht mehr ausreichend Personal und Wissen vorhanden war, und die Aufgaben fremd vergeben werden mussten.

Richtig ist, dass nach der Niedersächsischen Bauordnung der Unteren Bauaufsichtsbehörde ein Bediensteter mit der Befähigung zum höheren bautechnischen Verwaltungsdienst vorstehen, der die erforderlichen Kenntnisse u. a. des Öffentlichen Baurechts nachweisen kann. Das war aber auch wohl schon der Fall, als Herr Kottek, der nach ihren Angaben nicht über diese Befähigung verfügt, sein Amt übernahm.

Auch wir haben nie damit hinter den Berg gehalten, dass sich die Stadt mittelfristig einer Verschlankung der Verwaltungsspitze stellen muss, und haben diese Meinung auch immer vertreten. Natürlich sollte dabei auch nicht aus den Augen verloren werden, auf welcher Spitzenposition alle Aufgaben selbstständig, oder nur unter zur Hilfenahme von „Fremdleistungen“ abgearbeitet wird, was die Überlegung zulassen müsste, ob eine hohe Inanspruchnahme von externen Leistungen nicht bedeuten könnte, dass sich gerade dieser Posten zum Abbau eignet. Aber auch eine solche Entscheidung bedarf einer ganzheitlichen Betrachtung. 
 
Auch wir kommen, wie in dem Bericht vom 21.08.2008 der Niedersächsischen Kommunalprüfungsanstalt über die überörtliche Prüfung der Stadt Wilhelmshaven unter der Ziffer 193 angeführt zu der Erkenntnis, dass die Arbeit des Verwaltungsvorstandes mit weniger Mitgliedern als bisher bewältigt werden kann. In Bezug auf diesen Bericht stehen bei der BASU jedoch die Punkte mehr im Fokus, bei denen der Stadt Verstöße vorgeworfen werden, wie unter 81, 372, VIII.10 Abs. 1, 2 und 4, 449, 450, 452.

Wenn Sie ihre Überlegungen nur dem SPD-Fraktionsvorsitzenden schon sehr früh informieren, und dann bei einem Gespräch mit Mitgliedern der Verhandlungskommissionen von SPD und CDU über mögliche gemeinsame Ziele der laufenden Wahlperiode [Frau Gastmann, Frau Will, die Herren Neumann, Schmidt, Adam, Dr. Biester, Langen, Felbier und Prof. Reuter] am 14.02.2008 ihre Sicht der noch anstehenden Ziele erläutert, haben sie damit leider wieder nur einen kleinen Teil des Rates informiert, und wundern sich heute darüber, dass bei einigen Fraktionen und vielen Ratsvertretern ein Informationsdefizit besteht. Auch hätte Ihnen bei rechtzeitiger Information der Ratsvertreter sicherlich viel früher auch deren Meinung bekannt sein können. Es reicht seit dem Jahr 2006 einfach nicht mehr aus, lediglich Gespräche mit dem Vorsitzenden der SPD zu führen um Mehrheiten abzufragen.
 
Ob bei einer Zusammenlegung von WEB und SGW ein mögliches Einsparpotenzial von 1 Mio. €, wie FIDES meint, oder ein geringerer Betrag, tatsächlich erreichbar ist, wird sicherlich bei zukünftig anstehenden Entscheidungen wichtig sein. Aber neben diesem Faktor sind für die BASU auch andere Fragen nicht weniger wichtig. So muss ganz deutlich auch die Personalfrage im Bezug auf Struktur und Anzahl der Beschäftigten, deren Gehälter und soziale Absicherung gestellt werden. Auch diese Frage kann wohl bisher niemand beurteilen, da uns bisher dazu keine ausreichenden Unterlagen vorliegen.

Daraus folgern wir aber nicht, dass ein solches Einsparpotenzial grundsätzlich nicht vorhanden oder nicht umsetzbar ist.
 
Fest steht: Im Konzern Stadt ist erhebliche Einsparpotential vorhanden, was auch mögliche Synergien bei einer Zusammenführung von WEB und SGW einschließen kann. Sobald der BASU alle Fakten über den Gesamtkonzern Stadt vorliegen, werden wir Ihnen unsere Vorstellungen über die zukünftige Verwatungs-, Gesellschafts- und Beteiligungsstruktur mitteilen. Davon sind wir aber noch weit entfernt, da uns bisher auf unsere Fragen der letzten Jahre zu den Gesellschaften, deren inhaltliche Arbeit und finanzielle Ausstattung, bisher jede Antwort verweigert wurde.

Wenn Rat und Verwaltung tatsächlich endlich gemeinsam den Konzern Stadt auf den richtigen Weg bringen wollen, geht dies nur über eine ehrliche, zielgerichtete Diskussion, in welcher auch persönliche Unstimmigkeiten nichts zu suchen haben.

Mit freundlichen Grüßen



Joachim Tjaden
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